Der Islam, die Hingabe an Gott, vollzieht sich in der Gemeinschaft, der Ummah, erfüllt sich durch die Bruderschaft aller Gläubigen. »Niemand«, so sagt es ein Hadith, »ist wahrhaft ein Gläubiger, solange er nicht für seinen Bruder das gleiche wünscht, was er auch für sich selbst erstrebt.«
Islam, das ist der Glaube einer ganzen Gemeinschaft, eine Offenbarung, die durch ihren Propheten an sie erging und von ihm und mit ihr gelebt wurde, zunächst von den Flüchtlingen in Medina, dann, nach der Rückeroberung von Mekka auch dort und die sich dann von dort aus in allen Ländern Arabiens und heute in der ganzen Welt verbreitet hat. In der Gemeinschaft erfüllt sich der Glaube als das Gesetz der Bruderschaft, ein Gesetz, das keinen Zwang kennt, weil es ein Gesetz der Herzen ist.
»Es gibt keinen Zwang im Glauben.« (Sure 2)
Die Bruderschaft
»Alle Gläubigen sind einander Brüder.« (Sure 49, 10)
Bruderschaft heißt das allverbindende Band unter den Gläubigen. Der Glaube an Gott, den Schöpfer der Himmel und der Erden verbindet den einzelnen Gläubigen als ein Geschöpf Gottes mit der gesamten Schöpfung. Die beständige Erinnerung an seinen Schöpfer wird Gottesgedenken (dhikr), der Verlust dieser Erinnerung an die Verbundenheit aller Geschöpfe hingegen Gottvergessenheit (ghaflah) genannt.
»Fürwahr, die Gläubigen sind Brüder. Darum stifte Frieden zwischen deinen Brüdern!« (Sure 49, 10) »Überwinde das Böse durch das Gute, so wird der, mit dem du bisher verfeindet warst, dir ein vertrauter Freund werden.« (Sure 41, 34) »Sie bezwingen ihren Groll und vergeben den Menschen; und Allah liebt die Rechtschaffenen.« (Sure 3, 134)
Text-Beispiel aus der Risale-i Nur (22.Brief, 1.Aspekt, [Auszug])
Angenommen, du befändest dich auf einem Schiff oder in einem Haus und mit dir zusammen wären neun Unschuldige und ein Verbrecher. Wenn nun ein Mann versuchen wollte, dieses Schiff zu versenken oder dieses Haus niederzubrennen, so weißt du, welch unverhältnismäßiges Unrecht das wäre. Du würdest über diesem Unrecht die Himmel anrufen, dass sie dich hören sollen. Und selbst wenn es nur einen einzigen Unschuldigen unter neun Verbrechern gäbe, wäre es dennoch gegen jedwedes Recht und Gesetz, dieses Schiff zu versenken.
Wie ist der Krieg im Islam geregelt?
Im Islam gibt es zwar Krieg, jedoch nicht ohne gesetzliche Regelung. Man muss seinem Feind so nah sein, dass man das Weiß in seinen Augen erblicken kann. Im Krieg dürfen alte Menschen, Frauen, Kinder, Bäume, Tiere, am Krieg nicht teilnehmende Menschen und Kriegsgefangene nicht getötet bzw. geopfert werden. Im islamischen Recht ist es verboten eine Burg mit einem Katapult einzunehmen. Der Grund hierfür ist, dass dabei Menschen sterben könnten, deren Leben rechtlich gesehen geschont werden muss.
Gibt es einen »Heiligen Krieg«?
Im Islam gibt es nichts heiliges. Selbst wenn der Qur´an erwähnt wird, wird nur der Zusatz »ehrenwürdiger« und nicht »heiliger« Qur´an benutzt. Erst Recht kann daher ein Krieg nicht heilig sein. Heiliger Krieg ist keine islamische Bezeichnung. Dies ist mit dem Grundverständnis des Islam nicht zu vereinbaren. Im Islam wird Krieg nur zur Selbstverteidigung geführt, es handelt sich also um einen Verteidigungskrieg. Außerdem kann man für Gewissens- und Meinungsfreiheit Krieg führen. Dort wo Gewissens und Meinungsfreiheit herrscht, besteht nach islamischem Recht weder ein Verteidigungsfall noch würde jemals ein islamischer Gelehrter ein Rechtsgutachten (Fetwa) darüber abgeben und hat dies auch nie getan, dass ein Krieg zu führen sei. In einem Rechtsstaat darf nach islamischem Recht kein Aufstand geübt werden. Verbesserungsbemühungen finden statt, jedoch keine Revolte.
Beispiel: Als der zweite Kalif Hs. Ömer (r.a.) an die Macht kam, fragte er: „Was würdet ihr mit mir machen, wenn ich nicht rechtens herrschte?“ Die Gefolgsleute des Propheten antworteten: „Wir würden dich mit unseren Schwertern dazu bewegen, rechtens zu herrschen.“ Sie sagten aber nicht, wir würden dich vom Throne stoßen.
Was heißt dann »Dschihad«?
Dschihad bedeutet Anstrengung, Bemühung für Gott. Es heißt nicht nur Krieg. Die Medien verwechseln die Begriffe oder benutzen sie falsch und sorgen so für Verwirrung und Widersprüche. Man darf die Begriffe nicht gedankenlos gebrauchen. Im Islam gibt es keinen Platz für Terror. Die Religion dient dazu, die Menschen zu versöhnen. Nicht um sie zu verfeinden.
Wenn es in einem Volk einen Verbrecher gibt, wäre es eine Grausamkeit das ganze Volk zu bestrafen. Verantwortlicher ist nur derjenige, der das Verbrechen begangen hat.
»Und nicht belastet wird die schon beladene (Seele) mit der Last einer anderen.« (Sure 6, 164)
Wert oder Unwert einer Ansicht
Text-Beispiel aus der Risale-i Nur (22.Brief, 4.Aspekt, 1. Grundsatz)
Wenn du weißt, dass dein Weg und deine Ansichten richtig sind, so hast du das Recht zu sagen: »Mein Weg ist der richtige und er ist schön.« Doch: »Nur mein Weg ist der allein richtige« zu sagen, hast du kein Recht.
»Das Auge der Zufriedenheit ist allen Fehlern gegenüber blind; doch das Auge des Ärgers deckt jeden Fehler auf.«
Diesem Geheimnis entsprechend kann dein ungerechter Blick und dein leidenschaftlicher Gedanke nicht Richter sein. Er kann nicht über Wert oder Unwert eines anderen Weges sein Urteil fällen.
Gibt es Hass im Islam?
Text-Beispiel aus der Risale-i Nur (22.Brief, 4.Aspekt, 3. Grundsatz)
Wenn du hassen möchtest, dann hasse den Hass in deinem Herzen und bemühe dich, ihn auszumerzen. Und überdies richte deinen Hass gegen deine eigensinnige Seele, gegen deine leidenschaftliche Seele, die dir den meisten Schaden verursacht, und bemühe dich, sie zu veredeln. Bringe nicht den Gläubigen auf Grund deiner eigenen Bosheit Feindschaft entgegen. Willst du hassen, so gibt es viele Ungläubige und Gottlose. Ihnen bringe deine Feindschaft entgegen! So wie in der Tat die Liebe als eine Eigenschaft der Liebe würdig ist, so ist auch der Hass ein Attribut, dass vor allen anderen Dingen selbst gehasst zu werden verdient. Willst du deinen Gegner besiegen, so erwidere seine Schlechtigkeiten mit Gutem! Denn erwiderst du sie mit Bosheit, so vermehrt sich das Übel. Mag er auch äußerlich besiegt sein, so nährt er doch weiterhin Hass in seinem Herzen und seine Feindschaft setzt sich fort. Wenn du sie mit Gutem erwiderst, so tut es ihm leid und er wird dir zum Freund…
»Wenn du einen Vornehmen mit Vornehmheit behandelst, so wird er sich dir zur Verfügung stellen. Behandelst du aber einen Nichtswürdigen mit Vornehmheit, wird er sich dir entgegenstellen.«
Nach diesem Wahlspruch ist es die Eigenschaft des Gläubigen, vornehm zu sein. Deine Vornehmheit bewirkt, dass er sich dir zur Verfügung stellt. Auch wenn er »äußerlich unwürdig erscheint, ist er doch vornehm mit Rücksicht auf seinen Glauben. Es kommt in der Tat oft genug vor, dass ein schlechter Mensch sich bessert, wenn du nur immer wieder zu ihm sagst: »Du bist gut, du bist gut«, während ein guter Mensch dadurch schlechter wird, dass du immer wieder zu ihm sagst: »Du bist schlecht, du bist schlecht«.
»Kommen sie dort vorbei, wo leeres Geschwätz ist, gehen sie in vornehmer Gesinnung vorüber.« (Sure 25, 72) »Wenn ihr verzeiht, vergebt und Nachsicht übt, so ist auch Allah es, der euch vergibt und sich eurer erbarmt.« (Sure 64, 14)
Weil dies so ist, neige dein Ohr den geheiligten Grundsätzen des Qur´an; denn in ihnen liegt die Glückseligkeit und das Heil!
Wie sollte der Umgang mit der Politik bzw. anderen Meinungen sein?
Text-Beispiel aus der Risale-i Nur (22.Brief, 4.Aspekt, Auszug)
»Frieden und Sicherheit beider Welten gewinnt man in der Auslegung zweier Worte: Mit seinen Freunden soll man in Freundlichkeit und Güte umgehen, seine Feinde aber mit der Bereitschaft behandeln, mit ihnen Frieden zu schließen.«
Hier ein kleines bemerkenswertes Erlebnis dazu: Ich habe in der Folge einer einseitig subjektiven Stellungnahme einmal diese Erfahrung gemacht: Ein frommer Wissenschaftler hat einmal einen rechtschaffenen Gelehrten, dessen politische Gesinnung ihm zuwider war, in einer Art und Weise verächtlich gemacht, als habe er keinen Glauben. Und einen Heuchler, der seine Ansichten teilte, hat er voll Hochachtung herausgestellt. Ich bin über diese bösen Folgen der Politik so sehr erschrocken, dass ich gebetet habe:
»Ich nehme meine Zuflucht zu Allah vor dem Satan und vor der Politik.«
Seit dieser Zeit habe ich mich aus dem politischen Leben zurückgezogen.
Text-Beispiele aus der Risale-i Nur (22.Brief, 6.Aspekt)
Geistiges Leben, die natürliche Gottesverehrung und die Reinheit des Dienstes werden durch Feindschaft und Uneinsichtigkeit getrübt und erschüttert.
Denn die Reinheit der Absicht, welche das Fahrzeug des Heils ist und Voraussetzung der Erlösung, wird verdorben. Ein uneinsichtiger und einseitiger Mensch verlangt danach, dass seine eigenen Handlungen besser sein sollen als die seines Gegners. Ein Handeln rein um Allahs willen kann für ihn nicht von Erfolg sein. Zudem bevorzugt er in seinem Urteil und in seinem Handeln den Parteigenossen. Gerecht handeln kann er nicht. So wird die Reinheit der Absicht und die Gerechtigkeit, welche die Grundlagen des Handelns und der guten Werke sind, durch Zwietracht und Feindschaft zerstört.
Vergleich zwischen (der europäischen) Zivilisation und dem Gesetz des Qur´an
Text-Beispiele aus der Risale-i Nur (Bruderschaft und Wahrhaftigkeit, Ein Traumgesicht, Auszug)
Es wurde im fünfundzwanzigsten Wort bereits ein Vergleich zwischen (einem Leben nach den Maßstäben der europäischen) Zivilisation und (einem Leben) nach dem Gesetz des Qur´an abgehandelt und somit erklärt und bewiesen, dass jegliche Sittenlosigkeit und aller Aufstand unter den Menschen und in ihrem sozialen Leben seine Ursache in zwei Worten hat:
Das erste: »Wenn ich satt geworden bin und ein anderer stürbe vor Hunger, was geht mich das dann an?«
Das zweite: »Arbeite du, ich werde essen.«
Was diesen zwei Worten ihre Dauer verleiht, ist der immerwährende Strom der Zinsen und die Aufgabe der Almosenspende. Der einzige Weg, diese beiden fürchterlichen Krankheiten des gesellschaftlichen Lebens zu heilen, besteht darin, Almosen als ein allgemein gültiges Prinzip einzuführen, also die absolute Notwendigkeit des Almosengebens und das Verbot des Zinsnehmens. Zudem ist Almosen nicht nur für bestimmte Einzelindividuen oder besondere Gesellschaftsformen, sondern für das Lebensglück der gesamten Menschheit ein bedeutender Stützpfeiler, ja für den Fortbestand der Menschheit die wichtigste Säule überhaupt. Denn in der Menschheit gibt es als die beiden Klassen eine Oberschicht und eine Unterschicht. Was die Oberschicht dazu veranlasst, sich der Unterschicht in Güte und Barmherzigkeit zuzuwenden, der Unterschicht aber, der Oberschicht Ehrerbietung und Gehorsam entgegenzubringen, das ist Almosen. Anderenfalls ergießt sich von oben auf die Unterschicht herab Ungerechtigkeit und Unterdrückung; aus der Unterschicht reckt sich den Reichen Hass und Aufruhr entgegen. Diese beiden Schichten der Menschheit liegen in einem ständigen unsichtbaren Zwist miteinander, einem Zustand ratloser Verwirrung. Das führt schließlich dazu, dass sich, wie dies in Russland bereits geschehen ist, (die Menschen) infolge eines Kampfes zwischen Kapital und Arbeit an die Kehle gehen…
Freundschaft und Feindschaft im Islam
Text-Beispiele aus der Risale-i Nur (Bruderschaft und Wahrhaftigkeit, Freundschaft und Feindschaft)
Was ich in meinem ganzen Leben über die sozialen Verhältnisse mit Sicherheit erfahren habe und was ich auf Grund meiner Studien als Ergebnis erhalten habe, ist folgendes:
Was einer Freundschaft am höchsten gebührt, ist Freundschaft und was Feindschaft am meisten gebührt, ist Feindschaft. Das heißt: Liebe und Freundschaft sind Fähigkeiten, die das menschliche Gemeinschaftsleben sichern.
In einem Traumgesicht, das mir im fünften Jahre des ersten und zum Glück führen, im höchsten Maße würdig, geliebt und geschätzt zu werden. Hass und Feindschaft aber, die das menschliche Gemeinschaftsleben vollständig zerstören, verdienen über alles Maß gehasst, bekämpft und gemieden zu werden, sind scheußliche und zerstörerische Mächte. Weil diese Tatsache schon im »Zweiundzwanzigsten Brief« lang und breit erklärt worden ist, können wir uns hier mit der folgenden kurzen Darstellung begnügen:
Die Zeit für Hass und Feindschaft ist bereits vorüber. Zwei Weltkriege haben gezeigt, was für ein schlimmes, verheerendes, entsetzliches Unrecht die Feindschaft ist. Sie haben es offensichtlich gemacht, dass in ihnen kein Gewinn liegt. Weil dies aber so ist, sollten die schlechten Seiten eurer Gegner, Aggressivität ausgenommen, keine Feindschaft mit ihnen hervorrufen. Die Hölle und die Strafe Gottes ist genug für sie…
Manchmal hasst der Mensch in seinem Stolz und in seiner Selbstgefälligkeit die Leute des Glaubens ohne sich dessen bewusst zu sein und ohne ein Recht dazu zu haben und denkt dabei, dass er im Recht sei. Deshalb schätzen sie in ihrem Hass und in ihrer Feindschaft so starke Grundlagen wie den Glauben, den Islam und die Menschlichkeit, welche der Anlass, die Leute des Glaubens zu lieben, ist, gering und werten sie dadurch ab. Die unbedeutenden Gründe einer Feindschaft den bergesgleichen Gründen für die Liebe vorzuziehen, ist eine Art von Wahnsinn. Da aber nun einmal Liebe und Feindschaft Gegensätze sind, können sie sich wie Licht und Finsternis nicht in Wahrheit miteinander vereinigen. Welche von beiden Ursachen die Oberhand gewinnt, das wird man in Wahrheit auch im Herzen finden. Dessen Gegensatz kann in Wahrheit dort nicht sein. Wo sich z.B. in Wahrheit Liebe findet, dort wandelt sich Feindschaft in Mitleid und selbstlose Liebe um. So ist das Verhalten gegenüber den Leuten des Glaubens. Wenn sich dagegen Feindschaft tatsächlich im Herzen findet, so verwandelt sie die Liebe in Gleichgültigkeit, Interesselosigkeit und zur Schau getragene Freundschaft. Dies aber kann nur gegenüber solchen Leuten des Irrwegs sein, die nicht aggressiv sind. Es sind die Gründe für die Liebe wie der Glaube, der Islam, Menschlichkeit und menschliches Mitempfinden, in der Tat leuchtende starke Ketten und Burgen des Geistes. Die Ursachen der Feindschaft gegenüber den Leuten des Glaubens gehören in den Bereich der persönlichen Gründe und sind wie kleine Steine. Weil dies aber so ist, deswegen begeht auch derjenige, der einem Muslim gegenüber wahrhaftige Feindschaft hegt, einen großen Fehler, gleich wie er die bergesgleichen Gründe für die Liebe gering schätzt.
Zusammenfassung: Freundschaft, Brüderlichkeit und Liebe sind Charaktereigenschaften des Islam, seine Verbindungsglieder. Die Leute der Feindschaft gleichen einem Kind, dessen Charakter verdorben ist und das weinen möchte und nun nach etwas sucht, worüber es weinen kann. Eine so unbedeutende Sache wie ein Mückenflügel wird für es zum Anlass, um darüber zu weinen. Sein Charakter gleicht überdies dem eines Mannes, der in seiner Ungerechtigkeit und in seinem Pessimismus nichts Gutes erwartet, solange es noch die Möglichkeit gibt, schlecht zu denken und der mit einer einzigen Schlechtigkeit zehn gute Seiten überdeckt. Ein solches Verhalten wird von einem gerechten und auf das Positive hin ausgerichteten Denken, welches charakteristisch für den Islam ist, verworfen…
Grundsätze für ein friedliches Miteinander
Text-Beispiele aus der Risale-i Nur (20. Blitz, 1. Punkt, 2. Grund, [Auszug])
1.Positiv handeln, d.h. in der Liebe und entsprechend seiner Berufung handeln. Die Feindschaft gegenüber Andersdenkenden sowie die Fehler und Mängel der anderen sollen im eigenen Denken und Wissen keinen Platz finden; man soll sich nicht mit dergleichen beschäftigen.
2.Vielmehr daran denken, dass es viele einigende Bande gibt, die Gegenstand brüderlicher Liebe und Einheit sein können. Dadurch bewahrt man die Eintracht innerhalb islamischer Kreise, was immer auch sein mag.
3.Den folgenden Leitsatz eines vernunftgemäßen Verhaltens zum Wegweiser machen; in Hinsicht auf das Nichtantasten der Schule des anderen hat jeder, der einer wahrhaftigen Schule folgt, das Recht, sagen zu können: »Meine Lehre ist richtig, oder schöner.« Andererseits aber kann er nicht sagen: »Richtig ist nur meine eigene Lehre, oder nur meine Auffassung ist schön und vollkommen,« denn dieses würde die Unrichtigkeit oder Unvollkommenheit der Lehre des anderen andeuten.
Wer im gesellschaftlichen Leben der Menschheit einen neuen Weg einschlagen will, kann nichts Gutes zu Stande bringen, keinen Fortschritt erzielen und keinen Erfolg haben, wenn er sich hier in dieser Welt nicht im Einklang mit den Naturgesetzen befindet. Was er tut, erweist sich als destruktiv und alle seine Handlungen werden ihm als Bosheit angerechnet. In Anbetracht dieser Tatsache erweist es sich als notwendig, den Naturgesetzen zu folgen.
Dies aber ist nun das gewaltige Geheimnis, dass Gott der Gerechte das Menschengeschlecht in seinem Wesen so erschaffen hat, dass es sich in Tausenden von Arten entfaltet und sich auf Tausenden Stufen gleich ebenso vielen voneinander verschiedenen Tiergattungen zeigt. Doch ist der Mensch nicht einem Tier gleich, in seinen äußeren und inneren Fähigkeiten und Empfindungen begrenzt. Gott hat ihm die Freiheit geschenkt und ihm die Fähigkeit verliehen, auf unendlichen Stufen zu schreiten. Obwohl die Menschen in ihrer Gesamtheit nur eine einzige menschliche Gattung bilden, kommen sie dennoch in ihrer Bedeutung Tausenden von Gattungen gleich, weshalb der Mensch auch die Bedeutung eines Stellvertreters Gottes auf Erden, der Frucht der Schöpfung und eines Königs über alles Lebendige erhalten hat.
Nun aber finden der Wettbewerb und alle menschlichen Qualitäten, die aus dem wahrhaftigen Glauben entstehen, ihre Ursache in der Mannigfaltigkeit der Arten, welche die so überaus notwendige Hefe zu dessen Entfaltung und das Antriebsaggregat zu dessen Fortentwicklung bilden. Diese menschlichen Qualitäten zu streichen oder auch nur zu nivellieren ist nur dann möglich, wenn man den Menschen in seinem Wesen verändert, seinen Verstand auslöscht, seine Seele zerstört und seinen Geist tötet. Nachfolgend dazu ein absolut zutreffendes Wort*, würdig, dieser Unserer Zeit, die unter dem Denkmantel, eine freiheitlich demokratische Republik begründen zu wollen, eine furchtbare Schreckensherrschaft aufgerichtet hat, in ihr unmenschliches Antlitz zu schlagen, ein Wort, das jedoch fälschlicherweise einer hervorragenden Persönlichkeit, die diesen Schlag nicht verdient hätte, ins Gesicht geschleudert wurde:
Wie wäre es denn möglich durch Ungerechtigkeit und Despotie dem Volk zu nehmen sein Recht auf Freiheit und Demokratie!
Versuche doch, ob du kannst in der Menschheit auslöschen den Sinn und ihre Sehnsucht nach der Freiheit!
Doch an Stelle dieses Ausspruchs will ich dieser unserer Zeit ins Gesicht schleudern:
Wie wäre es denn möglich durch die Ungerechtigkeit und Unterdrückung dem Volk die Freiheit der Wahrhaftigkeit zu rauben und sein Recht?
Versuche doch, ob du der Menschheit töten kannst das Herz und ihren Sinn für die Wahrhaftigkeit!
oder:
Wie wäre es denn möglich durch Ungerechtigkeit und Unterdrückung einer Seele alle ihre Vorzüge zu stehlen und ihre Verdienste?
Versuche doch, ob du machen kannst zu gewissenlosen Seelen die Menschheit und vernichten alle ihre Werte!
Tatsächlich sind diejenigen Werte, die aus dem Glauben hervorgehen keine Quelle der Bevormundung und können auch kein Grund zur Unterdrückung sein. Bevormundung und Gewaltherrschaft auszuüben ist Charakterlosigkeit. So ist denn der bedeutendste Wesenszug eines Mannes von Charakter der, in all seiner Armut, Schwäche und Bescheidenheit teilzuhaben am menschlichen Gemeinschaftsleben. Gott sei Dank hat mein Leben stets diesen Charakterzug getragen und wird auch weiter durch ihn geprägt sein. Ich will mich nicht rühmen zu behaupten, besondere Vorzüge zu besitzen, doch in der Absicht, mit den Worten der Sure:
»Verkündige die Gnade deines Herrn.« (Sure 93, 11)
zu danken, darf ich sagen, dass Gott der Gerechte aus der Fülle Seiner Freigebigkeit mir den Vorzug geschenkt hat, mich für mich selbst und für andere um das Verständnis von Glaube und Qur´an zu bemühen. Diese Gnade Gottes habe ich Gott sei Dank in meinem ganzen Leben unter Gottes Führung um der islamischen Nation willen und zu deren Glück verwendet; und so wie Unterdrückung und Bevormundung für mich niemals in Frage kamen, so habe ich auch, worauf die Gunst der Massen gerichtet ist und was bei den Leuten als besonders populär gilt und wonach die meisten Gottvergessenen verlangen, auf Grund einer tiefen, entscheidenden Wahrheit verabscheut. Zwanzig Jahre meines früheren Lebens haben die Gunst der Massen und der Applaus des Volkes unerfüllt gelassen, weshalb ich sie für mich als schädlich ansehe. Doch nehme ich dies als ein Zeichen dafür, dass die Risale-i Nur bei ihnen gut angekommen ist und will sie deshalb nicht vor den Kopf stoßen.
»Oh Herr! Ich nehme meine Zuflucht zu Dir vor den Nachstellungen und Bosheiten der Teufel. Ja zu Dir, oh mein Herr nehme ich meine Zuflucht, wenn sie sich mir nahen. Oh Allah! Oh Du mein Beschützer, bester unter allen, die mich behüten! Behüte mich und bewahre die Herausgeber dieser Abhandlungen und ihre Gefährtinnen vor der Bosheit der Dschinnen und Menschen und vor der Bosheit der Leute des Irrweges, der Vertreter sittenloser Neuerungen, der Leute, die sich auflehnen (gegen Deine Weisungen)! Lob und Preis sei Dir!« »Nichts wissen wir, außer dem, was Du uns gelehrt hast. Denn wahrlich, Du bist der Allwissende und Allweise.«
Klarstellung
Als Muslime waren wir über den Anschlag in den Vereinigten Staaten von Amerika geschockt und niedergedrückt. Wir verurteilen die Anschläge aufs Schärfste. Jedoch hat es uns verletzt, dass versucht wurde dieses Ereignis ohne evidente Beweise zu haben, vorurteilig den Muslimen und dem Islam zuzuschreiben und gleichzeitig einen Begriff wie »islamischer Terror« zu verwenden, nur weil die Anschläge in einem christlichen Staat verübt wurden.
Wenn in Irland ein Kind auf der Straße ermordet wird, ist dies ein terroristischer Akt, jedoch kein Befehl oder eine Lehre des Christentum. So wie man dies nicht mit der Nächstenliebe im Christentum vereinbaren kann, so ist es auch nicht möglich die terroristischen Anschläge in den Vereinigten Staaten von Amerika mit Ayats (Sätze) aus dem Qur´an zu rechtfertigen. Der wahre Grund für den Ausbruch solcher Anschläge sollte in psychologischen oder politischen Motiven gesucht werden. Muslime haben mit diesem Ereignis nicht im entferntesten etwas zu tun.
Vor allem bitten wir Lehrer/innen darum sich nicht durch die Medien beeinflussen zu lassen und dadurch Schüler/innen islamischen Glaubens in ihren Glauben zu verletzen.